Politiker der Großen Koalition streiten derzeit heftig über die geplante Warn-App gegen eine Corona-Ausbreitung. Einige Vertreter fordern eine Pflicht zu ihrer Nutzung, andere setzen auf Freiwilligkeit. Mit der App lassen sich Personen nachverfolgen, die sich einem Corona-Infizierten auf Bluetooth-Distanz genähert haben.
Stephan Mayer (CSU), parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium, sagte dem „Handelsblatt“, dass die Tracking-App wohl nur dann einen Mehrwert bringe, wenn sie die Bevölkerung größtenteils als nützlich empfinde und daher auch akzeptiere. Ein verpflichtender Gebrauch könne diese Bereitschaft konterkarieren. Die gegenteilige Auffassung vertritt der Gesundheitspolitiker Tino Sorge (CDU). Er plädiert für eine App-Nutzungspflicht. Wenn sich nachweisen ließe, so der CDU-Politiker, dass durch die App die Infektionszahlen substanziell zu senken seien, müsse man sie pflichtgemäß einführen. Immerhin würde das Leben retten. Die App könne ebenso wie das Social Distancing und das Aufsetzen von Schutzmasken zu einem Exit-Plan gehören. Damit ließen sich die Wirtschaft und das öffentliche Leben wieder vorsichtig hochfahren, weil es eben entsprechende Schutzvorkehrungen gebe. Der Digitalpolitiker Hansjörg Durz (CSU) bringt derweil Konsequenzen für App-Verweigerer ins Spiel. Er kann sich vorstellen, dass essenzielle Grundrechte wie das auf Bewegungsfreiheit nur denjenigen Bürgern wieder eingeräumt werden, die diese App installiert haben. Wenn sich jemand dagegen entscheide, müsse er halt größere Einschränkungen seiner Grundrechte ertragen.
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach wendet sich gegen eine App-Pflicht. Diese würde seiner Auffassung nach kontraproduktiv wirken. Der Effekt in der Bevölkerung wäre vielmehr ein gewaltiges Misstrauen. Dem stehe aktuell die große Bereitschaft der Menschen gegenüber, die App zu installieren und zu nutzen. Auf dieser Bereitschaft solle man aufsetzen, so der erfahrene Gesundheitspolitiker. Er ist außerdem der Auffassung, dass sich eine App-Pflicht weder politisch umsetzen noch kontrollieren ließe. Sie sei daher unnötig und kontraproduktiv. Eine für die Wirksamkeit nötige Durchdringung von 60 Prozent mit der App sei unrealistisch. Aus diesem Grund plädiert Lauterbach stattdessen für Appelle an die hiesige Bevölkerung.
Die App ermittelt via Bluetooth, ob sich der Inhaber des Smartphones auf die übliche Bluetooth-Distanz (bis zu rund 12 m) einer Person genähert hat, die nachweislich positiv auf das Virus getestet wurde und ihrerseits die App installiert hat. Zusätzlich ermittelt sie gemessene Vitaldaten von Wearables (Fitness-Armbänder, Smartwatches). Diese Daten ändern sich bei einer akuten Atemwegserkrankung, was eine Fernerkennung der typischen Covid-19-Symptome ermöglicht. Unterstützt werden derzeit Geräte von GoogleFit, AppleHealth, Fitbit, Polar, Garmin, Withings und Nokia Health. Die App gibt es unter anderem hier.
Redaktion poppress.de, A-055824
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