In der Auseinandersetzung um die politischen Folgen des in Münster aufgedeckten Kindesmissbrauchsskandals fordert die SPD die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz.

Gleichzeitig kritisierte sie die Union, der sie vorwarf, am Missbrauchsskandal von Münster eine Mitverantwortung zu tragen. Dirk Wiese, der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag, beklagte gegenüer dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“, bereits seit Jahren blockiere die Union dn Vorschlag seiner Partei, die Rechte von Kindern in das Grundgesetz aufzunehmen. Am Münsteraner Missbrauchsfall könne man erkennen, welche „verheerenden Folgen die Blockadehaltung von CDU und CSU“ bei den Grundrechten der Kinder haben könne, so Wiese.

Das Erziehungsrecht der Eltern sei als Grundrecht im Grundgesetz festgeschrieben, die Kindergrundrechte hingegen nicht. Daher hätten die Behörden und Gerichte in Münster das zehnjährige mutmaßliche Opfer nicht aus der Familie herausholen und in Obhut nehmen können, obwohl es schon seit langer Zeit einen dringenden Tatverdacht gegen den Stiefvater des Kindes gegeben habe, erklärte Wiese. Dem Sorgerecht der Mutter sei „über ein Jahr lang Vorrang gegenüber dem Kindeswohl eingeräumt“ worden, klagte der Sozialdemokrat. Dieser Zustand sei nicht länger hinnehmbar. Die Grundrechte von Kindern müssten den gleichen Stellenwert bekommen wie die Elternrechte, „und zwar Verfassungsrang“, verlangte der Innenpolitiker. Die Unionsparteien forderte er dazu auf, „ihre Blockadehaltung hier endlich“ zu beenden, damit ein wirkungsvollerer Schutz von Kindern möglich werde. Gegenüber dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ sprach Wiese sich für eine Paketlösung aus, um Kinder besser vor Missbrauch schützen zu können. Er sagte, er fordere „ein Kinderschutzpaket, das aus notwendigen Strafrechtsverschärfungen, mehr Mitteln für Prävention und der Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz“ bestehe.

Artikel 6, Absatz 2 des Grundgesetzes lautet bisher: „Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.“ Bereits im November des vergangenen Jahres hatte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) einen Gesetzentwurf präsentiert, der unter anderem die Aufnahme der nachstehenden Passage in Artikel 6, Absatz 1 zum Ziel hatte: „Jedes Kind hat das Recht auf Achtung, Schutz und Förderung seiner Grundrechte einschließlich seines Rechts auf Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit in der sozialen Gemeinschaft. Das Wohl des Kindes ist bei allem staatlichen Handeln, das es unmittelbar in seinen Rechten betrifft, angemessen zu berücksichtigen.“ Für eine entsprechende Änderung des Artikels im Grundgesetz wäre im Bundestag, wie immer bei Grundgesetzänderungen, eine Zweidrittelmehrheit erforderlich.

Redaktion poppress.de, A-1010413