In Deutschland liegt die Anzahl der Unternehmensinsolvenzen, vermutlich wegen der Corona-Sonderregeln, weiterhin klar unter dem Niveau des Vorjahres.

Wie das Statistische Bundesamt am Freitag in Wiesbaden mitteilte, haben die Amtsgerichte im August dieses Jahres insgesamt 1.051 Unternehmensinsolvenzen gemeldet. Dies sind 35,4 Prozent weniger als im August 2019. Wegen der Corona-Pandemie hatte die Bundesregierung beschlossen, die Pflicht zur Beantragung der Insolvenz für zahlungsunfähige Unternehmen vom 1. März bis zum 30. September 2020 auszusetzen.

Die meisten Unternehmensinsolvenzen waren im August 2020 im Baugewerbe mit 173 Fällen zu verzeichnen. Im Vorjahresmonat waren es noch 266 Insolvenzen. Im Handel (inklusive Kraftfahrzeuginstandhaltung und -reparatur) haben 165 Unternehmen Insolvenzanträge gestellt (August 2019: 280). Bei den mit freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen betrauten Unternehmungen wurden 129 (168) Insolvenzanträge gemeldet, und im gastronomischen Gewerbe waren es 123 gegenüber 193 im August letzten Jahres.

Angestiegen sind die Insolvenzfälle nur in wenigen Branchen. Unter anderem wurden im Bereich der Finanz- und Versicherungsdienstleistungen 31 Anträge gestellt. Im August des Vorjahres waren es noch 23 Fälle.

Bedrohlicher sehen die finanziellen Aspekte der Insolvenzen aus. Die Forderungen der Gläubiger an ihre Schuldner aufgrund von beantragten Unternehmensinsolvenzen stiegen im August 2020 auf voraussichtlich 17,4 Milliarden Euro an. Im August 2019 waren dies noch lediglich 1,6 Milliarden Euro. Wie die Statistiker erklären, liegt der Anstieg auf diese außergewöhnlich hohe Forderungssumme in erster Linie daran, dass ein einzelnes, in die Insolvenz geratenes Großunternehmen gesamtschuldnerisch für seine Tochterunternehmen mithaftet.

Außer den genannten 1.051 Unternehmen meldeten auch 2.857 weitere Schuldner im August dieses Jahres beim Amtsgericht ihre Insolvenz an. Das waren 60,2 Prozent weniger als noch im August des Vorjahres. Zu diesen „weiteren Schuldnern“ gehören zum Beispiel 1.818 Insolvenzanträge von Verbrauchern (ein Rückgang um 65,3 Prozent) und 765 Fälle von ehemals Selbstständigen (-52,0 Prozent).

Die starke Abnahme der Insolvenzanträge von Verbrauchern hatte sich bereits im Laufe des Juli abgezeichnet. Zu erklären ist er wahrscheinlich damit, dass die Bundesregierung an einem Gesetz arbeitet, mit dem die sogenannten Restschuldbefreiungsverfahren schrittweise von sechs auf nur noch drei Jahre verkürzt werden. Diese neue Regelung soll bereits bei Verbraucherinsolvenzverfahren greifen, die ab dem 1. Oktober dieses Jahres beantragt werden. Sie soll einen schnelleren wirtschaftlichen Neustart der privaten Schuldner nach dem Abschluss des Insolvenzverfahrens möglich machen. Fachleute gehen davon aus, dass viele überschuldete Privatpersonen daher ihren Insolvenzantrag noch zurückhalten und ihn erst nach dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes stellen werden.

Redaktion poppress.de, A-1010413