In der jüdischen Gemeinde Deutschlands ist ein Streit über sogenannte „Vaterjuden“ entbrannt.
Der Zentralratspräsident der jüdischen Gemeinde in Deutschland Josef Schuster sagte zum Thema gegenüber der „Zeit online“, dass er es für irreführend halte, wenn sich die Kinder jüdischer Väter selbst als Juden bezeichnen. Dies sei „einfach falsch“, so Schuster. Niemand könne sich selbst per definitem als Jude bezeichnen. Für diese Zuordnung sei vielmehr die Halacha als jüdisches Religionsgesetz bindend. Laut Halacha ist ein Jude nur eine Person mit jüdischer Mutter oder eine Person, die vor einem Rabbinatsgericht ihren Übertritt zum Judentum erklärt hat, so Schuster weiter.
Widerspruch gegen diese Auffassung kommt von Meron Mendel, der die Bildungsstätte Anna Frank leitet. Er äußerte sich ebenfalls in der „Zeit online“ und verwies auf seine deutlich breitere Definition des Judentums. Dieses sei im Gegensatz zu den christlichen Religionen (besonders zum Katholizismus) nicht homogen, sondern vielmehr sehr pluralistisch. Mendel verwies darauf, dass es im Judentum keinen Papst und damit auch keine starren Dogmen gibt. Vielmehr würden sich unter seinem Dach unterschiedliche Auffassungen versammeln. Eine dieser Auffassungen führe zu einer gänzlich anderen Definition der jüdischen Abstammung, als sie Schuster vertritt. Demnach können auch Kinder eines jüdischen Vaters, aber einer nicht-jüdischen Mutter als Juden bezeichnet werden, wenn sie die jüdische Erziehung genossen haben.
Josef Schuster empfahl als Kompromiss in diesem Streit den in Deutschland tätigen Rabbinern, den Kindern jüdischer Väter die Konversion zu erleichtern. Diese ist grundsätzlich jedem Menschen möglich, allerdings mit einer aufwendigen Prozedur verbunden. Wenn das Kind eines jüdischen Vaters mit nicht-jüdischer Mutter aber zu Hause im jüdischen Umfeld aufgewachsen sei, müsse es sich wohl nicht dem kompletten Prozedere bei seinem Übertritt unterziehen, so Schuster. Es habe einen Vorsprung gegenüber Menschen, die zuvor noch nichts mit den umfassenden Gepflogenheiten des Judentum zu tun hatten.
Der Zentralratspräsident führte weiter aus, dass der Übertritt zum Judentum nicht besonders riskant sei. Die Journalisten hatten ihn gefragt, welche Vorteile mit dem Übertritt zum Judentum verbunden sein könnten, wo doch in Deutschland und anderswo antisemitische Anfeindungen zu befürchten seien. Schuster erklärte, dass er die gegenwärtige Lebenswirklichkeit in Deutschland so nicht sehe. Mit seinem Statement wolle er zur Konversion sowohl der benannten Kinder jüdischer Väter als auch anderer Menschen ermutigen.
Redaktion poppress.de, A-055824
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