Der Marburger Bund, die Interessenvertretung der Ärzte verlangt eine raschere Festlegung auf Corona-Maßnahmen, die ab Herbst 2022 gelten sollen.

Susanne Johna, die Erste Vorsitzende des Marburger Bundes forderte gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung, dass die Politik bereits vor der Sommerpause die notwendigen Entscheidungen über Schutzmaßnahmen gegen Corona treffen müsse. Eine schnellere Vorgehensweise sei dringend, da ansonsten die Gefahr bestehe, dass die politischen Entscheider unter erheblichen Zeitdruck geraten.

„Verantwortungslos“ wäre es, meinte Johna, wenn zum Ende des September 2022 eine Corona-Regelungslücke entstehe. Nach Einschätzung von Susanne Johna ist es durchaus vorstellbar, dass die Corona-Fallzahlen bis Ende des dritten Quartals 2022 erheblich ansteigen – zeitgleich mit steigenden Krankheitsfällen bei anderen Infektionskrankheiten.

Bundesgesundheitsminister Lauterbach beabsichtigt, die auf Ende des zweiten Quartals hinausgeschobene Bewertung der in der Vergangenheit ergriffenen Corona-Schutzmaßnahmen abzuwarten, um dann das Infektionsschutzgesetz auf der Grundlage dieser Evaluation zu überarbeiten. Die Maßnahmen des derzeitigen Infektionsschutzgesetzes laufen zum 23. September 2022 aus.

Sie könne das Zuwarten der Politik nicht verstehen, erklärte die Vorsitzende des Marburger Bundes. Das Abwarten der politisch Verantwortlichen sei deshalb „riskant“, weil es nun „verdammt eng“ werde, rechtzeitig genug einen Corona-Maßnahmenkatalog zu entwickeln.

Denn Risiken für das deutsche Gesundheitssystem, ist Susanne Johna überzeugt, würden nicht nur von Corona ausgehen. Vielmehr hält die Vertreterin des Marburger Bundes die Gefahr für durchaus realistisch, dass zum Sommerende oder zum Herbstanfang Corona- und Influenza-Wellen gleichzeitig auftreten.

Australien melde bereits einen außergewöhnlichen Anstieg der Influenza-Fälle – und das zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt im Jahr als man es bislang gewohnt gewesen sei. Auf eine möglicherweise ähnliche Entwicklung müsse man sich in Deutschland vorbereiten.

Die deutsche Ärzteschaft wolle ihren Patienten nicht zum dann bereits dritten Mal innerhalb von nur zwei Jahren erklären, dass geplante Operationen verschoben oder schwerkranke Patienten in andere Kliniken verlegt werden müssen – teilweise auch in ein anderes Bundesland. Zwar seien kritische Überlastungen in der Vergangenheit „nur“ in einzelnen Regionen aufgetreten. Aber selbst das, so Johna, wolle kein Arzt oder Patient ein weiteres Mal erleben.

Die Vorsitzende des Marburger Bundes forderte im Gespräch mit der NOZ, dass das künftige Infektionsschutzgesetz auch härtere Maßnahmen zulasse. Sie halte zwar nichts, so Johna, von der Schließung von Kitas und Schulen. Aber in den Instrumentenkasten des Infektionsschutzgesetzes gehören nach Auffassung des Marburger Bundes alle sonstigen Maßnahmen wie Schließungen von Clubs und Bars sowie die Möglichkeit von Kontaktbeschränkungen. Für „fahrlässig“ hielte es Susanne Johna, den Bundesländern solche Optionen vorzuenthalten.

Redaktion poppress.de, A. Camus