Deutschlands Kliniken fordern Milliardenhilfen vom Bund angesichts der finanziellen Belastungen infolge der Inflation.
Gerald Gaß, Vorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft, sagte dem Handelsblatt für die Ausgabe am Mittwoch (20.07.22), es braue sich aktuell „ein perfekter Sturm zusammen“. Nach seiner Schätzung würden die deutschen Kliniken bis zu sechs Milliarden Euro an zusätzlichen Mitteln als Inflationsausgleich benötigen. Da der Bund andere Unternehmen in einer ähnlichen Lage unterstütze, solle er sich auch um die kritische Infrastruktur im Gesundheitssektor kümmern. In diesem Kontext verwies Gaß auf die Milliardenhilfen für den angeschlagenen Energiekonzern Uniper. Ähnlich dramatisch sei die Lage der Kliniken. Daher sei das Bedrohungsszenario von Krankenhauspleiten sehr real.
Bei den Gaskosten der Kliniken rechnet Gaß mit einer Verdreifachung. Das würde beispielsweise für eine Klinik mit 600 Betten bedeuten, dass sie statt bislang 800.000 Euro künftig 2,4 Millionen Euro nur für Gas zahlen müsse. Diese Belastung käme zu der durch die Coronapandemie hinzu. Die Vollbelegung von Kliniken während der schlimmsten Phase der Pandemie hatte diese auch finanziell stark strapaziert, denn die Coronapatienten blockierten zwar die Betten, brachten den Krankenhäusern aber keine hohen Vergütungen ein. Währenddessen mussten lukrative Operationen abgesagt werden. Ein weiterer kritischer Punkt sei für die Kliniken der Personalmangel durch Corona, so Gaß. Der Krankenstand übersteige das übliche Maß um mindestens 50 Prozent. Inzwischen falle ein Zehntel des Personals aus. Auch dies belaste die Kliniken finanziell, weil ihnen wiederum das Personal für gewinnträchtige und planbare Operationen fehle.
„So eine Situation hatten wir in Deutschland nach dem Krieg noch nie“, sagte Gaß gegenüber dem Handelsblatt. Er äußerte auch Kritik gegenüber dem Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Dieser hatte jüngst eine vierte Impfung gegen Corona allen Erwachsenen empfohlen, die dies mit ihrem Arzt absprechen sollten. Das widersprach einer Empfehlung der Ständigen Impfkommission. Gaß sagte dazu, dass er dieses Vorgehen des Ministers für missglückt halte. Dieser sollte sich nicht über die Empfehlungen der Stiko hinwegsetzen, nur weil er abends eine neue Studie gelesen habe. Es bringe nichts, wenn der Gesundheitsminister seine eigene Impfkommission in der Öffentlichkeit infrage stelle. Dies schaffe kein Vertrauen, sondern Verunsicherung in der Bevölkerung.
Redaktion poppress.de, A-055824
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