Das Robert-Koch-Institut (RKI) und die Bundesregierung unterschätzten die Gefahr, die von Corona-Viren ausgeht, laut einem Medienbericht zu Beginn des Jahres 2020 deutlich.
Wie der Bayerische Rundfunk und die „Welt am Sonntag“ übereinstimmend berichten, verlor Deutschland mehrere Wochen lang wertvolle Zeit für die Eindämmung des Krankheitsausbruchs. Offenbar hatten sich das RKI und die Bundesregierung gleichermaßen zu sehr auf die Informationspolitik Chinas gestützt – trotz begründeter eigener Zweifel. So hatte RKI-Chef Lothar Wieler Peking schon in einer Sitzung des Gesundheitsausschusses Ende Januar vorgeworfen, eine „mangelhafte Informationspolitik“ zu betreiben. Auch Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte in einer Februarsitzung die Zahlen aus China als „nicht verlässlich“ bezeichnet. Er hatte auch den Abgeordneten erklärt, die Bundesregierung habe außenpolitische Eingeständnisse gemacht, um aus China mehr Informationen über die neue Krankheit zu erhalten. Zu diesen Rücksichten hatte gehört, dass die Bundesregierung nicht den Ausschluss Taiwans von Informationen der WHO angesprochen hatte. Man habe die Kooperationswilligkeit Chinas – einem Gegner der Zusammenarbeit zwischen Taiwan und der WHO – nicht einschränken wollen, indem man dieses Thema übermäßig betone, so Spahn.
Deutschland machte jedoch eigene Fehler beim Umgang mit der Coronagefahr. So hatte es schon im Februar von zwei kompetenten Akteuren schriftliche Warnungen an die Regierung zum drohenden Ausmaß der Krise gegeben: Sowohl der Schutzmaterialimporteur Franz Mensch als auch der Virologe Alexander Kekulé hatten die Bundesregierung auf die hohen Risiken für den Ausbruch einer Pandemie hingewiesen. Ihre Warnungen wurden anfangs nicht beantwortet. Nicht zuletzt zeigt die Recherche der „Welt am Sonntag“ und des Bayerischen Rundfunks, dass Deutschland noch Anfang Februar Schutzmaterial aus eigenen Notfallreserven nach Wuhan exportierte – eine sicher gut gemeinte Hilfe, die aber anschließend zu Engpässen hierzulande führte. Dagegen waren sogar innerhalb der Bundesregierung erhebliche Bedenken geäußert worden. Von einer Gefahr für Deutschland hatte man in Regierungskreisen erst Ende Februar gesprochen. Welche Rolle die Informationspolitik Chinas in den Monaten zwischen Dezember 2019 und März 2020 gespielt hatte, war bereits Thema einer Sondersitzung der Nachrichtendienstlichen Lage im Bundeskanzleramt und hatte auch schon Ausschüsse im Bundestag beschäftigt. Der BND geht nach seiner gegenwärtigen Kenntnislage davon aus, dass überall auf der Welt den Staaten mehrere Wochen fehlten, in denen sie sich auf die Bekämpfung der Pandemie hätten vorbereiten können – nur weil China die essenziellen Informationen zunächst unterdrückt hatte. Das PKGr (Parlamentarisches Kontrollgremium) hat dazu mehrere Anfragen an den BND gestellt, die aber in dieser Woche kaum beantwortet wurden. Inzwischen bezweifeln einige Bundestagsabgeordnete, dass der BND wirklich über Informationen aus seiner eigenen nachrichtendienstlichen Tätigkeit verfügt. Vermutlich lässt er sich höchstens von Partnerdiensten informieren. Das seien mithin Erkenntnisse aus zweiter Hand, wie aus Teilnehmerkreisen verlautet.
Redaktion poppress.de, A-055824
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