Erste Group- Vorstandsvorsitzender widerspricht der Kritik von Bundeskanzler Sebastian Kurz an dem von Deutschland und Frankreich initiierten europäischen Wiederaufbaufonds.
Der von Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron ins Gespräch gebrachte europäische Wiederaufbaufonds in Höhe von 500 Milliarden Euro, trifft auf Zustimmung in der österreichischen Wirtschaft. Bernhard Spalt, Vorstandsvorsitzender der Erste Group-Bank, widerspricht in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der von Bundeskanzler Sebastian geäußerten Kritik heftig. Die österreichische Bank gehört zu den 16 größten Banken in Europa und hat ihren Hauptgeschäftsbereich in den Staaten Ost- und Mitteleuropas. Spalt begrüßte die deutsch-französische Initiative als einen für Europa wichtigen Schritt zurück zu einer wirtschaftlichen Normalisierung nach der Corona-Pandemie. Der österreichische Banker bewertet den Wiederaufbaufonds als zentrales politisches Zeichen für eine europäische Integration, bei dem es letztlich egal ist, wie die reale Struktur schließlich aussehe. Den Konflikt um die Frage einer Hilfe über Kredite oder nicht tilgbare Zuschüsse sieht der Erste Group-Chef als Nebenkriegsschauplatz. Wichtig ist, dass das Geld fließt, nicht wie es irgendwann wieder refinanziert wird, betont der Österreicher. Damit widerspricht Spalt vehement der österreichischen Regierung, die zuletzt zusammen mit den Niederlanden, Dänemark und Schweden, vor einer Europäisierung von Schulden gewarnt hatte. Die „sparsamen Vier“ hatten einen Gegenentwurf zum deutsch-französischen Plan entwickelt, der auf einer Tilgung der Hilfsmittel ausgerichtet ist.
Die Vergabe der Hilfen als nichtrückzahlbare Zuschüsse kann nicht als Freibrief verstanden werden. Die EU benötigt feste Richtlinien zur Vergabe und zur Verwendung der Gelder. Aber dies ist ohne weiteres möglich, zeigt sich der Bankenchef überzeugt. Im Gegensatz zu seiner Regierung hält Spalt eine Vergemeinschaftung der Schulden für richtig. Auch Transferleistungen sind kein Tabuthema. Es geht doch letztlich um die Existenz Europas und der europäischen Idee, so Spalt. Alle Gewissheiten müssen auf den Prüfstand. Die Corona-Pandemie ist auch eine große Chance für eine neue Dimension der europäischen Integration. Die europäischen Regierungen und die EU-Kommission stehen aktuell vor der Aufgabe, eine Vision zu entwickeln, wie Europa aus dieser existentiellen Krise herausfindet. Ein europäischer Konsens ist notwendig. Wir müssen eine Vorstellung entwickeln, wohin die europäische Reise geht. Ich sehe dabei drei große Zukunftsthemen: Gesundheit, Klima und Innovation. Wir müssen die Krise dazu benutzen, eine zukunftsfähige und starke Gemeinschaft zu schaffen. Die staatlichen Hilfen und die Neuverschuldung dürfen nicht in ein anachronistisches Wirtschaftssystem gesteckt werden, sondern sie müssen auf neue Ziele gerichtet investiert werden, fordert der österreichische Wirtschaftsführer in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Der Staat sollte dabei Ziele vorgeben, aber nicht die Wege dorthin festlegen. Wir benötigen in Europa nicht mehr Bürokratie, wir brauchen eine grundlegende Deregulierung. Eine Abkehr von der Globalisierung erwartet Spalt nicht. Nationalismus und Protektionismus sind Auslaufmodelle, keine Zukunftsoptionen, warnt der Chef der Erste Group.
Redaktion poppress.de, NeoMatrix
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