NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) schlägt eine doppelt so hohe Höchststrafe wegen des Kindesmissbrauchsfalls in Münster vor.
In der Sendung von RTL „Guten Morgen Deutschland“ sagte Reul, die Justiz solle künftig den Kindesmissbrauch ebenso wie den Besitz und die Verbreitung von Kinderpornografie als Verbrechen behandeln. Immerhin seien das keine kleinkriminellen Delikte wie etwa ein Ladendiebstahl. Er stelle sich vor, dass man durch verschärfte Gesetze die Höchststrafen für solche Straftaten verdoppele. Bislang werde Kindesmissbrauch in der Tat eher wie ein Ladendiebstahl geahndet. Damit solle nun endgültig Schluss sein. Auch zur öffentlichen Diskussion um seine Äußerung „wir werden nicht alle erwischen“ nahm Reul Stellung. Auf die Frage der Journalisten, ob der Satz nicht einer Kapitulation gleichkomme, antwortete Reul, dass sein diesbezügliches Statement wirklich missverständlich geklungen habe – das gebe er zu. Er habe aber darauf hinweisen wollen, dass der Sumpf aus Kindesmissbrauch und Kinderpornografie wirklich nur schlecht trockenzulegen sei. Jedoch denke er keinesfalls an Aufgeben, im Gegenteil: Man müsse nun erst recht „Gas geben“.
Auf die Frage, ob im Münsteraner Missbrauchsfall Behörden wie die Polizei und die Jugendämter versagt hätten, sagte der NRW-Innenminister, dass es in Deutschland eindeutige Regelungen gebe. Diese würden immer noch heißen, dass Gerichte letzten Endes über solche Fälle (auch des Versagens von Behörden) entscheiden und die Gesellschaft dann solche Gerichtsentscheidungen akzeptieren müsse. Wer der Auffassung sei, dass diese Regelungen nicht genügen würden, müsse sich der Herausforderung stellen, neue gesetzliche Grundlagen zu schaffen, was freilich ein gewaltiger Einschnitt in die Gewaltenteilung wäre. Reul ist der Auffassung, dass die Gesellschaft das ganze Thema des Kindesmissbrauchs jahrzehntelang zu wenig ernst nahm. Bürgerinnen und Bürger würden zu häufig wegschauen, wenn es Indizien für solche Straftaten gebe, die Strafverfolgung wiederum reagiere nach wie vor zu zögerlich. Für die Polizei in Nordrhein-Westfalen habe sein Ministerium daher schon vor einem Jahr entschieden, einen Umbau der Strukturen vorzunehmen. Das sei der gegenwärtige Schwerpunkt im NRW-Innenministerium, bei dem es auch sichtbare Fortschritte gebe. Jedoch sei es eine schier unendliche Aufgabe, das Problem strukturell anzugehen. Diese werde keinesfalls morgen oder übermorgen erledigt sein. Wer glaube, dieses Problem sei mal eben so nebenbei zu lösen, irre sich komplett. Es gehe sehr weit in gesellschaftliche Strukturen hinein. Damit spielt Reul offenbar auf Missbrauchsfälle in anderen Bereichen wie etwa den Kirchen an, die über Jahrzehnte stillschweigend geduldet wurden.
Redaktion poppress.de, A-055824
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