Johannes-Wilhelm Rörig, der Bundesbeauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, ruft nach der Entdeckung schwerer Missbrauchsfälle in Münster zu verstärkter Wachsamkeit und besserer Vorbeugung auf.

Rörig sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ für ihre Ausgabe vom Montag, alle betroffenen Kinder hätten ein soziales Umfeld – Nachbarn, Schulen, Kitas oder Sportvereine. „Es kann nicht sein, dass nie jemand etwas bemerkt haben will“, so Rörig.

Außer wirksamen Instrumenten zur Strafverfolgung seien größere Anstrengungen „bei Prävention und der breiten Sensibilisierung und Aufklärung“ der Gesellschaft dringend erforderlich. Rörig forderte, der Kampf gegen die sexuelle Gewalt müsse als eine nationale Aufgabe begriffen werden. Er erwarte, „dass das Thema bei allen Entscheidungsträgern in der Politik“ endlich ankomme und von ihnen als Querschnittsthema immer mitgedacht werde. Auch in Zeiten der Corona-Epidemie müsse dieser Kampf mit größtmöglichem Einsatz weiterhin geführt werden, betonte der Bundesbeauftragte. Auch der sexuelle Missbrauch, erklärte der 61 Jahre alte Kasseler Jurist, habe die Ausmaße einer Pandemie. Er treffe „jährlich Zehntausende von Kindern“ und erschüttere die Grundlagen der Gesellschaft.

Zu der Verbreitung Verbreitung von entsprechenden Fotos und Filmen im Internet stellte Rörig fest, die Missbrauchstäter seien häufig gut vernetzt und organisiert und in technischer Hinsicht den Ermittlungsbehörden sehr oft voraus. Er verlangte daher bundesweit nach einer einer personell gut aufgestellten Polizei, „die ihrerseits mit modernster Ermittlungstechnik ausgestattet“ werden müsse. Der Missbrauchsbeauftragte, der seit 2011 im Amt ist, rief zudem nach einer Ausweitung der Befugnisse der Ermittlungsbehörden, wie etwa einer mit dem EU-Recht konformen Vorratsdatenspeicherung von IP-Adressen. Auch unterstütze er einen vermehrten Einsatz von künstlicher Intelligenz gegen Missbrauchsabbildungen im Netz, sagte Rörig der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.

In den letzten Tagen war die Polizei in mehreren Bundesländern gegen ein Netzwerk vorgegangen, dem schwerer sexueller Missbrauch und Kinderpornografie vorgeworfen werden. Zahlreiche Objekte wurden hierbei durchsucht, und es kam zur Festnahme von elf Beschuldigten aus den vier Ländern Nordrhein-Westfalen, Hessen, Niedersachsen und Brandenburg, wie die Staatsanwaltschaft und die Polizei in Münster berichteten. Die verdächtigten Männer und Frauen sollen mehrere Jahre lang Kinder missbraucht und ihre Taten dabei gefilmt haben. Der Hauptverdächtige in dem Fall ist ein mehrfach vorbestrafter 27 Jahre alter Mann aus Münster.

Redaktion poppress.de, A-1010413