Der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) verweist auf verfassungsrechtliche Probleme, die sich durch die Einschränkung von Grundrechten während der Coronakrise ergeben dürften.

Der Politiker Baum sagte zu den RND-Zeitungen (Redaktionsnetzwerk Deutschland) für deren Donnerstagausgaben, dass man die Rolle der Parlamente als Ansatzpunkt in so einer Krise beachten solle. Die Krise sei nicht allein durch die Exekutive, sondern auch durch die Legislative zu stemmen. Letztere – vorrangig der Bundestag – müsse intensiver mitwirken, so der FDP-Politiker. Sie könne beispielsweise ein Verfallsdatum von zwei Monaten für alle im Zuge der Krise getroffenen Maßnahmen beschließen. Das würde autoritäre Strukturen unterbinden und die Regierung zu vollständiger Transparenz zwingen. Ohne eine Erwähnung der gegenwärtigen ungarischen Notstandsgesetze hat Gerhart Baum dabei offenkundig auch Viktor Orbán im Blick, der sich im Zuge der Pandemie eine unglaubliche Machtfülle verschaffte: Er regiert ab sofort per Dekret und kann die Notstandsgesetzgebung theoretisch unbegrenzt verlängern. Baum plädiert in Deutschland hingegen für eine stets zeitnahe Unterrichtung der Öffentlichkeit. Diese sei wichtig, weil gegenwärtig die Grundrechte wie nie zuvor beschnitten würden. Als früherer Innenminister monierte er überdies § 28 des Infektionsschutzgesetzes. Dieser ist die juristische Basis für die gegenwärtigen Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen. Baum bezeichnete ihn als „nicht verfassungskonform“, weil er den BürgerInnen Rechte entziehe, ohne das betreffende Ausmaß genauer zu definieren. Der Paragraf, so Baum, stelle Anforderungen, wie sie eine Polizeistreife an Hütchenspieler stelle, die der Kölner Domplatte verwiesen würden. Nun sei es dringend geboten, ihn an die Anforderungen des Grundgesetzes anzupassen. Die Opposition hätte das zu Recht, aber leider vergeblich verlangt.

Beim Bundesverfassungsgericht wurden inzwischen fünf Beschwerden gegen Corona-Maßnahmen eingereicht, wie die RND-Zeitungen berichten. Vier davon wurden abgelehnt, über die letzte steht die Entscheidung der Verfassungsrichter noch aus.

Redaktion poppress.de, A-055824