Thomas Bach, Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, hat zum ersten Mal auf die Vorwürfe geantwortet, seine Organisation habe bei der Verschiebung der Olympischen Sommerspiele 2020 zu langsam reagiert. Die Spiele waren am 24. März wegen der Corona-Pandemie verlegt worden und sollen nun 2021 stattfinden.
Gegenüber der Zeitung „Welt am Sonntag“ erklärte Thomas Bach, die eine oder andere gefühlsbestimmte Stellungnahme und geäußerte Kritik verstehe er völlig. In einer derart emotionalen Lage könne ein Verantwortungsträger aber nicht auf eine innere Eingebung hin eine Entscheidung treffen. Immerhin gehe es um nicht weniger als das „Kulturgut Olympische Spiele“ und um das dauerhafte Überleben der Olympischen Spiele an sich. Die allein denkbare schnelle Entscheidung sei eine Absage der Olympischen Spiele gewesen, und eine solche habe „keiner“ der internationalen Sportlervertreter „in unseren Telefonkonferenzen“ gewünscht, so Bach.
Er betonte, sich nicht als der Prügelknabe des internationalen Sports zu fühlen. Beim Lesen eines Teils der deutschen Presse könne man vielleicht diesen Eindruck gewinnen, aber in Wirklichkeit sei er von dieser Rolle, wie er denke, „weit entfernt“. Die Entscheidung, die Spiele zu verschieben, sei von sämtlichen 206 Nationalen Olympischen Komitees, von allen Sommerfachverbänden, von sämtlichen Mitgliedern des IOC und auch von den gewählten Sportlervertretern unterstützt worden. Wenn man das sehe, dann sei die Sachlage recht klar. Eine Verlegung der Olympischen Spiele um zwei Jahre auf 2022 sei keine denkbare Möglichkeit gewesen, so Bach weiter. Die japanischen Partner und auch der japanische Premierminister Shinzo Abe hätten ihm sehr klar erklärt, dass eine Verschiebung der Spiele für Japan höchstens bis zum Sommer des nächsten Jahres machbar gewesen sei. Das sei „eine Mammutaufgabe“ für das veranstaltende Land und das Organisationskomitee. Man könne sich das „als unbeteiligter Außenseiter kaum ausmalen, erläuterte der 68-jährige Sportfunktionär.
In der „Welt am Sonntag“ verwehrte Bach sich auch gegen die Kritik, er behandele die Olympischen Spiele wie sein privates Hobby und entscheide in Eigenregie über Gedeih und Verderb der Veranstaltung. Hier seien etliche Verschwörungstheorien verbreitet worden; die Realität aber sei eine andere. Tatsächlich habe man sich mit dem Problem der Ausbreitung des Corona-Virus bereits ab Mitte Februar beschäftigt und eine Arbeitsgruppe unter Beteiligung der Weltgesundheitsorganisation WHO ins Leben gerufen. Seither habe das IOC die Empfehlungen der Task Force befolgt und die „Herangehensweise, unsere Szenarien“ ständig angepasst, so Bach. Zwischen dem 17. und dem 19. März hätten zahlreiche Telefonkonferenzen stattgefunden, bei denen über Strategien für das weitere Vorgehen in der Angelegenheit beraten worden sei. Man habe erneut klargestellt, dass die Gesundheit aller irgendwie an der Veranstaltung beteiligten Personen und der Kampf gegen die Verbreitung des Corona-Virus bei der Suche nach einer Entscheidung von höchster Wichtigkeit seien.
Eine Option, die Olympischen Spiele in Tokio abzusagen, habe, so der IOC-Präsident, nie zur Diskussion gestanden. Um „auch da“ Gerüchten „entgegenzutreten“, müsse deutlich gesagt werden, dass das Internationale Olympische Komitee im Fall einer Absage der Spiele versichert gewesen wäre, was es gegen eine Verschiebung aber nicht sei. Um die Spiele zu verschieben, benötige es aber „die Zustimmung des organisierenden Komitees“, das damit einverstanden sein müsse, ein weiteres Jahr zu arbeiten, „und die japanische Regierung“ müsse dazu bereit sein, die Vorbereitungen nach wie vor zu fördern. Dass die japanischen Partner auf den Vorschlag, die Spiele zu Verschieben, wie es das IOC noch am 22. März angeboten habe, nicht innerhalb einer Stunde mit ja oder nein habe eingehen können, sei angesichts der Größe von Olympischen Spielen nur natürlich, stellte Bach gegenüber der „Welt am Sonntag“ klar.
Thomas Bach wurde 1953 in Würzburg geboren und wuchs in Tauberbischofsheim auf. Als Fechter wurde er 1976 bei den Sommerspielen in Montreal Olympiasieger mit der Mannschaft und dadurch gleichzeitig auch Weltmeister. Präsident des Internationalen Olympischen Komitees ist der Jurist seit 2013.
Redaktion poppress.de, A-1010413
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