Marco Wanderwitz (CDU), der Ostbeauftragte der Bundesregierung, erwartet keine rentenrechtliche Regelung mehr zugunsten von Frauen, die in der DDR geschieden wurden.

Wanderwitz erklärte dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ für die am Donerstag erscheinenden Ausgaben seiner Zeitungen, die entsprechenden Verhandlungen seien leider ziemlich festgefahren. Innerhalb der Bundesregierung bestehe Einigkeit darüber, dass es eine Lösung hier nur innerhalb eines Härtefallfonds und wegen konkret gegebener Hilfsbedürftigkeit geben könne.

Mehrere ostdeutsche Bundesländer seien jedoch anderer Ansicht, so Wanderwitz. Sie wollten nun, immerhin 30 Jahre nach der Vereinigung, Korrekturen am 1991 beschlossenen Rentenüberleitungsgesetz durchsetzen. Wenn es dabei bleibe, so der Ostbeauftragte, dann bekomme man hier keine Lösung mehr. Außerdem werde der Bund den Ausgleich nicht allein finanzieren. Wanderwitz sagte, er gehe davon aus, dass die Grundrente kommen werde. Auch dies würde vielen Frauen, die in der DDR geschieden wurden, helfen. Das würde den Druck weitgehend aus dem Kessel nehmen, und dann könne man auch sagen, mehr sei 30 Jahre nach der Wiedervereinigung nicht mehr machbar gewesen. Jedenfalls habe die Große Koalition hier nicht mehr viel Zeit, das Problem zu lösen, denn die nächste Bundestagswahl rücke bereits näher. Viele Maßnahmen seien ohnehin wegen der Corona-Krise nicht mehr so leicht finanzierbar wie früher, fügte der Ostbeauftragte hinzu.

Ein Sprecher des Bundesarbeitsministeriums teilte dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ mit, statistische Untersuchugen zeigten „keine generelle Benachteiligung“ von Frauen, die nach DDR-Recht geschieden wurden. Im Gegenteil sei die durchschnittliche Rente geschiedener Frauen im Osten Deutschlands sogar höher als im Westen. Auch sei eine Sonderregelung hier schon allein deshalb unmöglich, weil der Personenkreis, um den es gehe, „nicht abgrenzbar“ sei, ohne hiebei verfassungsrechtlich wichtige Fragen der Gleichbehandlung zu berühren. Also bleibe als Löung nur ein Härtefallfonds.

Frauen, die in der DDR nach dortigem Recht geschieden wurden, wurden im Einigungsvertrag von 1990 und auch 1991 im Rentenüberleitungsgesetz nicht berücksichtigt. Bei ihnen kommt der Versorgungsausgleich nicht zur Geltung, der in der alten Bundesrepublik üblich war. „Versorgungsausgleich“ bedeutet, dass im Fall einer Scheidung die Rentenpunkte des Mannes aus der Zeit, in der die Frau gar nicht oder nur in Teilzeit gearbeitet hat, weil sie die gemeinsamen Kinder versorgt hat, zwischen Mann und Frau aufgeteilt werden. In dem im Frühjahr 2018 von den Unionsparteien und der SPD geschlossenen Koalitionsvertrag heißt es hierzu, für Härtefälle in der Grundsicherung im Rentenüberleitungsprozess solle „ein Ausgleich durch eine Fondslösung“ geschaffen werden. Seitdem gibt es Gespräche zwischen der Union und der SPD und auch zwischen dem Bund und den Ländern, die eigentlich bis zum 30. Juni beendet worden wären, wenn alles nach Plan gegangen wäre.

Doch nun sieht es nicht mehr so aus, als ob man noch zu einer Einigung kommen würde. Benjamin Hoff (Die Linke), der Chef der thüringischen Staatskanzlei, verlangte gegenüber dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“, anstelle einen Härtefallfonds einzuführen, müsse das Rentenüberleitungsgesetz reformiert werden. In diesem Fall sei Thüringen auch mit einer finanziellen Beteiligung des Landes einverstanden. Es gehe in dieser Frage „nicht um ein Trostpflaster“, machte er deutlich. Frank Junge, der Vorsitzende der Landesgruppe Ost der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag, vertritt eine ähnliche Position. Im 30. Jahr der deutschen Vereinigung werde ein Kompromiss benötigt, der für alle akzeptabel sei. Ein Fonds zur Entschädigung müsse so umfassend wie nur möglich sein, dabei müsse es deutlich mehr Frauen mit einem Anspruch auf Hilfe geben als nur diejenigen, die sich jetzt in der Grundsicherung befänden, so Junge. Die Zeitungen des „Redktionsnetzwerks Deutschland“ berichten, in der Landesgruppe Ost der SPD werde von einer einmaligen Zahlung in Höhe von 10.000 Euro pro Person gesprochen. Gerlinde Scheer vom Verein der in der DDR geschiedenen Frauen geht dies nicht weit genug. Sie fordert eine Einmalzahlung von durchschnittlich 54.000 Euro pro Perso für die nach ihren Angaben etwa 250.000 betroffenen Frauen. Man erwarte, dass da jetzt „etwas kommt“, verlangte sie gegenüber dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“.

Redaktion poppress.de, A-1010413