Fehlende Schutzkleidung offenbart systematische Lücken in den offiziellen Pandemieplänen.
Zu Beginn der Corona-Pandemie zeigte sich das deutsche Gesundheitssystem trotz offiziellen Pandemieplänen als nahezu unvorbereitet. Dies lässt sich an Amtshilfeersuchen des Bundesgesundheitsministeriums an verschiedene staatliche Stellen ablesen, über die T-Online berichtet. Aufgrund der fehlenden Schutzausrüstungen wandte sich das Ministerium an die Bundeswehr, die Generalzolldirektion und das Bundesinnenministerium. Ziel der Amtshilfeersuchen war die Beschaffung von 50 Millionen medizinischen Schutzmasken, 3 Millionen Schutzbrillen, 1,25 Millionen Ganzkörperinfektionsschutzanzügen, 200 Millionen OP-Masken, 700 Millionen Paar medizinische Einweghandschuhe, 9 Millionen OP-Kittel und Medikamente. Die Ausrüstung sollte bis zum 30. April zur Verfügung stehen. Für die medikamentösen Erstversorgung setzte das Gesundheitsministerium offenbar auf das Anti-Malaria-Mittel Chloroquin, von dem 5 Millionen Dosen bevorratet werden sollten, die aus dem Bestand der Bundeswehr für Auslandseinsätze stammten.
Diese Amtsersuchen sind ein Offenbarungseid, befindet Reinhard Busse, Leiter des Gesundheitsökonomischen Zentrums an der TU Berlin. Die Einrichtungen unseres Gesundheitswesens sind ihrer Pflicht im Rahmen der Pandemiepläne nicht nachgekommen. Die Krankenhäuser haben offensichtlich ihre Rolle im Fall einer Pandemie nicht ernstgenommen und die erforderlichen Kapazitäten an Schutzausrüstung nicht aufgebaut. Unser Gesundheitssystem setzt auf die Eigenverantwortung der Akteure, die ökonomisch weitgehend unabhängig handeln. Diese Struktur hat sich in der Corona-Krise nicht bewährt, warnt der Gesundheitsökonom. Die Krankenhäuser haben sich auf funktionierende Lieferketten verlassen, die jetzt im Krisenfall einfach zusammengebrochen sind. Sie vertraten den Standpunkt, dass Lager aufgrund der Verfügbarkeit der Schutzausrüstungen bei Großhändlern nicht notwendig sind und nur unnötige Kosten verursachen. Aber anscheinend hat keiner der Verantwortlichen damit gerechnet, dass in einer Notlage die Versorgung kritisch werden könnte.
Die Krankenhäuser haben die Verantwortung an die staatlichen Stellen weitergegeben und öffentlichkeitswirksam einen Notstand proklamiert. Dabei handelte es sich um ihr eigenes Versäumnis. Es war ihre Aufgabe für diese Ausrüstung zu sorgen, beklagt der Wissenschaftler der TU-Berlin gegenüber T-Online. Wir sollten angesichts der Corona-Pandemie über unser Gesundheitssystem nachdenken.
Redaktion poppress.de, NeoMatrix
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