Die Opferhilfeorganisation für „Weißer Ring“ appelliert an die Politik, die Prävention gegen Kindesmissbrauch zu verstärken. Hintergrund ist der Missbrauchsskandal von Münster.
Der Bundesvorsitzende der Organisation Jörg Ziercke sagte gegenüber dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ für dessen Samstagsausgaben (13. Juni 2020), dass von höheren Strafandrohungen in der Regel keine präventive Wirkung ausgehe. Die Politik müsse daher der Prävention gegen Kindesmissbrauch eine deutlich höhere Aufmerksamkeit einräumen. Ziercke war über viele Jahre Chef des BKA (Bundeskriminalamt). Nach seiner Auffassung bedarf es konkreter Maßnahmen, um die Justiz und die Polizei auf der Ebene der Länder personell zu verstärken.
Der Vorsitzende des „Weißen Rings“ schlägt vor, dass jedes Bundesland eine „Landeszentralstelle Kindeswohl“ einrichtet. In dieser Einrichtung solle dann psychologisch geschultes Personal alle Informationen zu Kindesgefährdungen sammeln. Diese könnten anschließend an ein Team weitergeleitet werden, dass sich aus Mitarbeitern von Gesundheitsämtern, Therapieexperten, Kinderärzten, Staatsanwälten und Kriminalbeamten zusammensetzt. Dieses Team könnte dann die Informationen bewerten und Handlungsvorschläge ausarbeiten.
Der frühere BKA-Chef erkennt vor allem in Kindertagesstätten und Jugendämtern Nachholbedarf. Er verweist auf die Dringlichkeit, besser ausgebildetes Personal zu beschäftigen und dieses auch ausreichend zu bezahlen. Nur das schaffe einen genügend hohen Anreiz, um in solchen Einrichtungen überhaupt tätig zu werden und sich dort ausreichend zu engagieren. Eine Forderung des „Weißen Rings“ lautet, die Betreiber von sozialen Netzwerken zur Anzeige zu verpflichten, wenn ihnen Erkenntnisse über Kindesmissbrauch vorliegen. Seine Organisation betrachte bestimmte Entwicklungen im Internet sehr kritisch, so Ziercke. Offenbar entwickelten sich an vielen Stellen inzwischen rechtsfreie Räume. Der „Weiße Ring“ unterstütze daher den jüngsten Gesetzesentwurf der Bundesregierung. Dieser behandelt übergreifend die Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität im Netz. Ein Bestandteil des Gesetzes soll die Verpflichtung von Netzbetreibern sein, kriminelle Handlungen in ihren Netzwerken zu unterbinden und an das BKA zu melden. Dazu gehört auch Kinderpornografie. Dies sei ein absolut notwendiger Schritt, so Ziercke.
Redaktion poppress.de, A-055824
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