Europa-Politiker von Grünen, Union und SPD hoffen darauf, dass der liberale Kandidat am Sonntag die Präsidenten-Stichwahl in Polen gewinnt.

Zum Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) sagten die Europa-Abgeordneten für dessen Samstagausgaben (11.07.20), dass ein Wahlsieg des liberalen Trzaskowski, derzeit amtierender Oberbürgermeister von Warschau, über den nationalkonservativen Amtsinhaber Andrzej Duda das angespannte Verhältnis zwischen Polen und der EU sowie Deutschland nachhaltig verbessern könne. Trzaskowskis Sieg würde dieses Verhältnis schlagartig atmosphärisch verbessern, merkt etwa Katarina Barley (SPD) gegenüber dem RND an. Barley ist derzeit Vizepräsidentin des Europaparlaments. Sie hofft darauf, dass Trzaskowski als polnischer Präsident weiteren illiberalen Exzessen der regierenden PiS-Partei gewisse Grenzen setzen würde. Dies sei gerade in den gegenwärtig schwierigen Zeiten sehr wichtig, so die frühere Bundesjustizministerin. Als größte Problemfelder nannte sie die Corona-Pandemie sowie die daraus resultierende schwere Rezession der EU-Wirtschaft. Beim ersten Wahlgang Ende Juni war Trzaskowski hinter Duda gelandet.

Die SPD-Politikerin Barley verwies darauf, dass schon die erste Wahlrunde sehr positiv ausgegangen sei: Dabei habe der PiS nicht einmal ihre riesige Propagandamaschine auf Anhieb zur absoluten Mehrheit verhelfen können. Dieses Signal der polnischen Wählerinnen und Wähler bezeichnete Barley als phänomenal. Es zeige deutlich, dass sehr viele polnische Bürgerinnen und Bürger begeisterte Europäer seien und es auch bleiben wollten. Die Europaabgeordnete Terry Reintke von den Grünen pflichtet Barley bei und hofft nun auf einen Machtwechsel in Warschau. Wenn Trzaskowski die Wahl gewinnen würde, zöge sicherlich Entspannung ins Verhältnis zwischen Polen und Deutschland sowie Polen und der EU ein. Dieses sei derzeit extrem angespannt, so Reintke zum RND. Besonders das Verhältnis zu Deutschland hatte zuletzt starke Risse bekommen, nachdem Duda in den letzten Tagen einen deutschen Journalisten sowie ein teilweise in deutschem Besitz befindliches Medienhaus (Springer) attackiert hatte. Duda wirbt gegenwärtig mit anti-deutschen Ressentiments um seine konservativen Wähler. Die grüne EU-Abgeordnete Reintke äußerte ihre starke Hoffnung auf einen Präsidenten im östlichen Nachbarland, dessen Amtszeit nicht mehr von Ausgrenzung und Hass geleitet sein werde. Vielfalt und Offenheit seien die Voraussetzungen für das starke EU-Mitglied Polen.

Michael Gahler, im Europaparlament außenpolitischer Experte der CDU/CSU, äußerte sich adäquat. Gegenüber dem RND sagte er, dass er auf eine Debatte in der PiS hoffe. Wenn Trzaskowski die Wahl gewinnen würde, müsste sich die konservative polnische Regierungspartei einer internen Auseinandersetzung stellen und über das zukünftige Verhältnis Polens zur Europäischen Union nachdenken. Gahler sagte zu den Journalisten des RND, dass die PiS keinesfalls ein monolithischer Block sei. Der Unionspolitiker hofft darauf, dass polnische Abgeordnete von sich aus einlenken, wenn sie feststellen, dass ihre harte Haltung gegenüber den EU-Institutionen den eigenen Präsidenten verärgern. Sollte Trzaskowskis die Wahl gewinnen, sei dieser Effekt sehr gut möglich, so Gahler. Sollte hingegen Duda die Wahl gewinnen, sei eine weitere Verschlechterung des Verhältnisses zwischen Polen und der EU zu befürchten.

Redaktion poppress.de, A-055824