Die Grünen verlangen, den geltenden Regelsatz für den Bezug von Hartz IV deutlich anzuheben. Hierzu wollen sie eine grundsätzliche Überarbeitung des Systems, nach dem die Regelsätze berechnet werden.
In einem Antrag der Fraktion von Bündnis 90 / Die Grünen im Deutschen Bundestag fordern sie, im Jahr 2020 solle der Regelsatz für Erwachsene 603 Euro pro Monat betragen. Die im „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ zusammenarbeitenden Tageszeitungen berichten in ihren am Mittwoch erscheinenden Ausgaben hierüber. Zur Berechnung der Regelsätze für minderjährige Hartz-IV-Empfänger heißt es in dem Antrag weiter, „die Kinderregelsätze wären für Kinder unter sechs Jahren auf 306 Euro, für 6- bis 14-Jährige auf 378 Euro und für die 14- bis 18-Jährigen auf 444 Euro“ zu erhöhen. Die Anhebung der geltenden Regelsätze auf ein solches Niveau sei „schrittweise möglich“, stellen sie fest.
Auch die Bundesregierung selbst hat die Absicht, die Regelsätze für den Bezug von Hartz IV zu erhöhen, allerdings bei Weitem nicht in dem von den Grünen geforderten Umfang. Nach einem Gesetzentwurf, der vom Kabinett vorgelegt wurde, soll der Regelsatz für einen alleinstehenden Volljährigen von jetzt 432 Euro auf dann 446 Euro angehoben werden – ein Plus von 14 Euro. Kinder bis fünf Jahre sollen zukünftig 283 Euro erhalten (33 Euro mehr), für Jugendliche von 14 bis 17 Jahren sollen es 373 Euro (plus 45 Euro) sein. Sven Lehmann, der sozialpolitische Sprecher der Fraktion von Bündnis 90 / Die Grünen im Deutschen Bundestag, kritisierte diesen von der Regierung angedachten neuen Regelsatz als „nicht existenzsichernd“. Er sei bei weitem nicht ausreichend, um den Betroffenen ein Minimum an Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sicherzustellen. Stattdessen seien „sieben Millionen Menschen in Hartz IV oder in der Grundsicherung im Alter“ vom Rest der Gesellschaft abgekoppelt, erklärte Lehmann dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“.
Die Grünen verlangen daher, den Hartz-IV-Satz in Zukunft nach einem völlig neuen System zu berechnen. Sie kritisieren, die heute zur Ermittlung angewandte Methode, ein Mischverfahren aus Warenkorb- und statistischem Verfahren, erbringe keine lebensnahen Resultate. Gegenwärtig wird der Regelbedarf auf der Grundlage einer Einkommens- und Verbrauchsstichprobe festgestellt. Diese führt das Statistische Bundesamt in Wiesbaden alle fünf Jahre durch. Die Ermittlung des Regelbedarfs folgt dabei den angenommenen Konsumausgaben von Personen im unteren Einkommensbereich. Es wird somit ein bestimmter Warenkorb festgelegt. Der auf diese Weise festgestellte Regelsatz wird dann noch in einem weiteren Rechenschritt an die allgemeine Entwicklung der Löhne und Preise angepasst. Der grüne Sozialpolitiker Lehmann und auch einige Sozialverbände bemängeln, bei der Ermittlung des Warenkorbs gebe es Möglichkeiten, unter Ausnutzung von „Taschenspielertricks“ den ermittelten Regelbedarf möglichst kleinzurechnen, denn bestimmte Dinge ließen sich durch entsprechende Definitionen des Warenkorbs einfach aus dem Regelbedarf heraushalten. Die Grünen fordern daher, bei der Ermittlung zu einem reinen Statistikmodell zu wechseln, bei dem, im Gegensatz zum bisherigen Warenkorbmodell, keine einzelnen Posten mehr gestrichen werden könnten. Auch verlangen sie, bei der Berechnung müsse es maximale Abweichungen zum Konsum der gesellschaftlichen Mittelschicht geben. Sie fordern etwa höchstens ein Drittel Abstand bei Dingen des lebenswichtigen notwendigen Grundbedarfs wie Lebensmitteln und Bekleidung und maximal 60 Prozent Abstand bei den Ausgaben für die Teilhabe der Menschen am sozialen und kulturellen Leben.
Die Fraktion der Grünen plant, ihren Antrag am Mittwoch als Gegenmodell zum Gesetzentwurf der Bundesregierung in den Bundestag einzubringen.
Redaktion poppress.de, A-1010413
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