Mit der Öffnung der deutschen Grenzen ab Dienstag (16. Juni 2020) ist die Freizügigkeit des Schengenraums wieder gegeben. Darauf verwies Bundesinnenminister Horst Seehofer.
BERLIN – An den Grenzen Deutschlands zu seinen Nachbarn wird ab dem Dienstag der kommenden Woche wieder weitgehender Normalbetrieb herrschen. Deutsche dürfen ohne Kontrollen ausreisen, alle Bürger des Schengenraums ohne triftigen Grund nach Deutschland einreisen. Das Ende der bisherigen, durch die Coronakrise nötigen Kontrollen stellt wieder die Freizügigkeit des Schengenraumes her. Darauf verwies Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) im Kabinett am heutigen Mittwoch (10 Juni 2020). Schon in den nächsten Tagen sollen die Mitte März angeordneten Kontrollen schrittweise wieder abgebaut werden. Die Zahl der eingesetzten Polizisten und der Kontrollposten werde sukzessive verringert, so der Innenminister gegenüber seinen Kabinettskollegen.
Bürger aus EU-Staaten und der Schweiz, Liechtenstein, Island und Norwegen können (mit kleinen Besonderheiten) laut Beschluss der Bundesregierung zum angegebenen Datum 16. Juni 2020 wieder ungehindert nach Deutschland einreisen. Es entfallen die Kontrollen und auch die bislang geltenden Quarantänevorschriften. Damit ist der gesamte Schengenraum wieder offen. Zu diesem gehören alle EU-Staaten inklusive des Noch-EU-Mitglieds Großbritannien (vorerst bis 30. Juni noch offiziell in der EU) sowie die Nicht-EU-Mitglieder Norwegen, Schweiz, Liechtenstein und Island. Es gibt dennoch geringfügige Ausnahmen: Wer aus Spanien mit dem Flugzeug einreist, wird noch bis 20. Juni kontrolliert und nötigenfalls unter Quarantäne gestellt. Spanien geht umgekehrt denselben Weg. Das Land lässt ab dem 21. Juni eine begrenzte Zahl von Touristen auf seine Ferieninseln Mallorca, Menorca, Ibiza und Fuerteventura. Die Begrenzung der Touristenzahl soll acht Tage lang gelten. Danach wird Spanien die Situation auswerten und gegebenenfalls höhere Urlauberzahlen zulassen sowie weitere Feriengebiete öffnen.
Einreisende aus Schweden müssen sich weiterhin auf eine Quarantäne einstellen. Diese hängt auch vom Bundesland ab, in welches die Personen einreisen. Fast alle deutschen Bundesländer haben noch Quarantänevorschriften für Einreisende aus Staaten, in denen es besonders viele Coronafälle gibt. Dazu gehört Schweden wegen seiner sehr liberalen Politik während der Pandemie: Es gab dort nie einen echten Lockdown. Die Grenze für eine hohe Zahl von Infizierten pro Einwohner liegt aus deutscher Sicht derzeit bei über 50 Neuinfizierten pro Woche und 100.000 Einwohner. Ab dieser Grenze müssten auch deutsche Landkreise wieder einen Lockdown verhängen. Schweden liegt derzeit über dieser Grenze. Eine Ausnahme von der strengen Quarantäneregelung für solche Reisenden machen die beiden deutschen Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Brandenburg.
In seiner nächsten oder übernächsten Sitzung will das Bundeskabinett darüber beraten, inwieweit Lockerungen bei der Einreise für Personen möglich sind, die nicht aus den genannten Staaten des Schengenraums einreisen. Die meisten EU-Staaten wollen mindestens bis Ende Juni die Grenzen Europas nach außen sichern. Einreisende aus außereuropäischen Staaten sollen also weiter kontrolliert werden und sich nötigenfalls in Quarantäne begeben. Die EU-Staaten müssen nun gemeinsame Kriterien entwickeln, nach denen sie die Risiken und Risikostaaten einstufen.
Bundesinnenminister Horst Seehofer hatte die strengen Einreisebeschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie Mitte März verhängt. Seither wurden an den Grenzen zu den deutschen Nachbarstaaten und auf Flughäfen Kontrollen durchgeführt. Die Einreise über die Land- und Seegrenze betraf die Schweiz, Liechtenstein, Österreich, Frankreich, die Beneluxstaaten, Dänemark, Tschechien und Polen. Von den Kontrollen und Quarantänevorschriften waren mithin auch EU-Ausländer betroffen. Wer keinen triftigen Grund für die Einreise hatte, zu dem auch ein Job in Deutschland gehören konnte, durfte vielfach gar nicht einreisen.
Seehofers Vorgehen war teilweise als überzogen kritisiert worden – selbst von Vertretern der Union. Der Innenminister hatte diese Kritik aber stets zurückgewiesen. Er beharrte auf den Maßnahmen, um die Infektionsketten wirksam unterbrechen zu können. Ansonsten hätte es nach seiner Auffassung unnötige grenzüberschreitende Bewegungen gegeben, etwa für Tagesausflüge oder zum Einkaufen. Nun verweist Horst Seehofer darauf, dass diese Binnengrenzkontrollen nach seiner festen Überzeugung maßgeblich dazu beigetragen haben, Covid-19 zurückzudrängen. Er persönlich agiere im Zweifelsfall lieber etwas vorsichtiger. Die Pandemie sei keine Angelegenheit, in welcher man sich irgendwelche Experimente erlauben könne, so der Bundesinnenminister.
Redaktion poppress.de, A-055824
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