Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium der Finanzen hat Kritik am Konjunkturpaket der Bundesregierung geübt.
In einer fünfseitigen Analyse des Programms, über die das Handelsblatt in seiner Ausgabe vom Freitag berichtet, schreibt der Beirat unter anderem, die aktuelle Krise sei zwar eine schwerwiegende, aber bisher handele es sich noch nicht um eine „typische“ Krise, die die „üblichen“ Maßnahmen der Konjunktuepolitik erforderlich mache. Wegen der bestehenden strukturellen Veränderungen werde sich eine „konjunkturpolitische“ Stärkung der Kaufkraft voraussichtlich auf solche Produkte richten, die sowieso bereits knapp seien, und somit also die bereits bestehende Überhitzung in diesen Wirtschaftssektoren noch verstärken, gab der Beirat zu bedenken. In dem 36-köpfigen Gremium unter dem Vorsitz von Marcel Thum sind deutsche Spitzen-Ökonomen wie etwa der Präsident des Ifo, Clemens Fuest, sowie Lars Feld und Volker Wieland vom „Rat der Wirtschaftsweisen“ vertreten.
In ihrem Konjunkturprogramm hatte die Bundesregierung sich hauptsächlich auf eine Förderung der Nachfrage konzentriert. Beispielsweise will sie die Mehrwertsteuer absenken und einen Familienbonus auszahlen. Der Wissenschaftliche Beirat warnte die Regierung aber vor zu viel Aktionismus in der Krise. Vor dem Hintergrund der vielen verschiedenen Unsicherheiten, unter deren Eidruck die Politik gegenwärtig handeln müsse, empfehle er, bezüglich weiterer Maßnahmen einer aktive Konjunkturpolitik mit Zurückhaltung zu handeln. Auch dürfe die Regierung die Konjunkturpolitik nicht zu stark als ein Instrument der Umweltpolitik einsetzen. Dies würde die Tragfähigkeit der Wirtschaft „vollends überfordern“, so die Analyse.
Zudem, so schreiben die Mitglieder des 1949 gegründeten beratenden Gremiums, solle man Konjunkturpolitik nicht mit Verteilungspolitik vermischen. Ob die vom Corona-Virus verursachte Krise zu Verzerrungen in der Verteilung führen werde, denen man mittel- und langfristig mit Instrumenten der Verteilungspolitik werde begegnen müssen, sei gegenwärtig noch gar nicht absehbar. Die Corona-Krise sei zwar nicht ausschließlich, aber doch hauptsächlich eine Krise der Angebotsseite. Daher müsse es das vorrangige Ziel der Politik sein, diese angebotsseitigen Probleme bestmöglich abzumildern, heißt es weiter in dem Papier. Hierzu könne vor allem eine „Ausweitung des Verlustrücktrags“ hilfreich sein, um die Zahlungsfähigkeit von bisher rentablen Betrieben sicherzustellen.
Bei allen ergriffenen Maßnahmen müsse darauf geachtet werden, dass diese nicht die „finanziellen Möglichkeiten des Staats“ überstrecken und auch nicht derart in „die Struktur der der sozialen Marktwirtschaft“ eingriffen, dass sie diese dauerhaft beschädige, schreiben die Ökonomen des Wissenschaftlichen Beirates beim Finanzministerium, der nach seiner Satzung zu politischer Unabhängigkeit verpflichtet ist.
Redaktion poppress.de, A-1010413
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