Aktionärs-Klagen gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY wegen Verletzung der Aufsichtspflicht kaum finanzierbar.
Im Milliarden-Skandal um die Bilanzfälschungen des ehemaligen DAX-Konzerns Wirecard, ist eine bemerkenswerte Zurückhaltung von Prozessfinanzierern festzustellen. Mit dem Fall beschäftigte Anwaltskanzleien registrieren erhebliche Schwierigkeiten, Mittel für mögliche Sammelklagen von Wirecard-Aktionären zu requirieren. Im Juni hatte noch viel für eine normale Finanzierungstätigkeit gesprochen, betont ein Schreiben einer Anwaltskanzlei. In der Zwischenzeit haben die meisten Prozessfinanzierer Abstand von einer Beteiligung an Verfahren gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY genommen. Der Einfluss der Wirtschaftsprüfer und die vagen Erfolgsaussichten haben dazu geführt, dass Finanzierungsgesellschaften auf Abstand gegangen sind und vor allem eine Kapitalisierung von Sammelklagen ablehnen. Derzeit akzeptiert nur ein Prozessfinanzierer Einzelklagen gegen EY, allerdings nur über einer Schadenssumme von 250.000 Euro. Auch ausländische Finanzierungsgesellschaften zeigen sich risikoscheu, so dass aktuell nur eine niederländische Gesellschaft zu einer Kapitalbeschaffung bereit ist.
Aufgrund dieser Finanzierungsituation sind Klagen gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY mit einem hohen Eigenrisiko behaftet. Bei entsprechenden Gegenforderungen der von EY mit dem Fall beauftragten Anwaltskanzleien drohen den Klägern erhebliche Kosten. Die Zurückhaltung der Finanzierer wird auf den erheblichen Einfluss von EY zurückgeführt, die massiv im Bereich der Kapitalisierung von Firmenübernahmen involviert sind. Die Finanzierer scheuen eine Konfrontation mit EY, weil sie bei entsprechenden Übernahmegeschäften auf die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft angewiesen sind, so eine Kanzlei, die sich um das Zustandebringen von Sammelklagen bemüht. EY ist in nahezu allen Finanztransaktionen größeren Stils eingebunden, so dass eine Kooperation nicht gefährdet werden soll.
Als Ausweg bleibt geschädigten Aktionären die Einzelklage bei voller finanzieller Risikoübernahme. Eine weitere Alternative bilden derzeit beworbene Sammelklagen gegen EY ohne Kostenrisiko. Allerdings erfolgt die Finanzierung in diesem Fall als Hochrisikoinvestition, so dass im Erfolgsfall ein entsprechend hoher Anteil der Entschädigungssumme an den Finanzierer geht.
Im Fall Wirecard ist eine Entschädigungsklage nur gegen die Wirtschaftsprüfer von EY aussichtsreich, da das Unternehmen Wirecard selbst zahlungsunfähig ist und auch keine Haftungsmöglichkeit gegen das Ex-Management besteht. EY wird eine erhebliche Vernachlässigung der Aufsichtspflicht vorgeworfen.
Redaktion poppress.de, NeoMatrix
Kommentare