Bundesregierung verbindet die Zusage weiterer Staatshilfen mit der Durchführung einer radikalen Reorganisation des Unternehmens.
Dem angeschlagenen Luftfahrtkonzern Lufthansa drohen durch die Beschränkungen des zweiten Corona-Lock-Downs weitere Milliardenverluste. Die anhaltenden Auswirkungen der internationalen Reisebeschränkungen auf den globalen und nationalen Luftverkehr führen bei dem Konzern zu einer existenziellen Krise. Die Auslastung der Kapazitäten lag im Oktober mit nur 25 Prozent deutlich unter den pessimistischsten Prognosen der Großaktionäre, wie der „Spiegel“ berichtet.
Bei Gewährung der Staatshilfen in Höhe von 9 Milliarden Euro, ging die Bundesregierung von einer Mindestauslastung von 32 Prozent aus. Positivere Schätzungen des Verkehrsministeriums legten eine baldige Erholung der Branche zugrunde und errechneten sogar eine potentielle Auslastung von 50 Prozent zu Jahresende. Mit den neuen Quartalszahlen des Unternehmens sind beide Szenarien der Bundesregierung jetzt hinfällig.
Damit bewahrheiten sich die Prognosen von Luftfahrtexperten, die vor einer Staathilfe ohne gleichzeitige Sanierungsvorgaben und -Bedingungen gewarnt hatten. Zur Abwendung einer drohenden Insolvenz werden im kommenden Jahr weitere Staatshilfen notwendig.
Die Bundesregierung reagierte auf die neuen Unternehmenszahlen nervös und fordert nunmehr die Umsetzung eines radikalen Reformprogramms zur Kostenreduktion. Das Bundesverkehrsministerium besteht derzeit als Vorleistung für weitere staatliche Mittel auf einem deutlichen Kostenabbau. Dies kann laut „Spiegel“ nur über erhebliche Einschnitte bei den Personalkosten erreicht werden. Das Lufthansa-Management, insbesondere der Vorstandvorsitzende Carsten Spohr, gerät zunehmend unter Druck der Hauptaktionäre. Die Bundesregierung wirft Spohr Untätigkeit vor und mahnt die sofortige Vorlage eines umfassenden Sanierungskonzeptes an. Aus gutunterrichteten Regierungskreisen heißt es nun, dass der Lufthansa-Chef selbst zur Disposition steht. Herr Spohr war der richtige Mann solange der Luftverkehr unter normalen Bedingungen funktionierte, aber als Krisenmanager und Visionär für eine Nach-Corona-Luftfahrt ist er denkbar ungeeignet, zitiert der „Spiegel“ einen Beamten aus dem Bundesverkehrsministerium.
Heinz Herman Thiele, größter Einzelaktionär der Lufthansa, widerspricht der Personalkritik des Bundesverkehrsministeriums und bekennt sich zu Lufthansa-Chef Spohr. Allerdings beharrt auch Thiele auf der Vorlage eines „tragfähigen Sanierungskonzeptes“. Auch für Thiele bilden die Personalkosten das Zentrum der geplanten Kostenreduktion. Erste Zahlen aus der Konzernzentrale deuten auf einen Abbau von rund 30.000 Stellen hin. Diese sollen sozialverträglich und unter dem Einbezug der Gewerkschaften eingespart werden. Bei einem Konflikt mit den Gewerkschaften droht Großaktionär Thiele mit der Aufkündigung der Tarifverträge. Es gibt derzeit nur zwei andere Optionen, betont Thiele. Die eine ist eine Teilverstaatlichung der Lufthansa unter Übernahme aller Verluste durch die Bundesregierung, die andere ist die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
Zur Diskussion steht auch der Verkauf von Tochtergesellschaften und Vermögenswerten. Es muss alles auf seinen Beitrag zum Sanierungsprozess hin geprüft werden, fordert der Großaktionär. Bei einem entsprechenden Angebot ist auch ein Verkauf der Lufthansa Technik als Anbieter von technischen Dienstleistungen für Thiele ein Thema. Bei der Lufthansa Technik sind weltweit rund 26.000 Mitarbeiter beschäftigt.
Redaktion poppress.de, NeoMatrix
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