Expertenwissen in der Corona-Pandemie als Orientierungspunkt gefragt.

Trotz der Auseinandersetzung um die richtige Strategie in der Corona-Krise, ist das Ansehen der Wissenschaft in der Lock-Down-Phase deutlich angestiegen. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Umfrage des Instituts für Demoskopie in Allensbach. Die repräsentative Studie, die von der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ in Auftrag gegeben wurde, wurde Anfang Juni als Telefonbefragung durchgeführt. Als Berufsgruppe haben Wissenschaftler im gesellschaftlichen Prestige deutlich zugelegt und belegen hinter Ärzten und Richtern den dritten Platz. Während Ärzte und Richter seit Beginn der regelmäßigen Befragungen im Jahr 1987 das größte Vertrauen besitzen, konnten Wissenschaftler im Vertrauensindex zulegen. 43 Prozent der Bürger schätzen Aussagen von Wissenschaftlern als glaubwürdig ein. Dies bedeutet einen Zuwachs um 13 Prozent im Vergleich zu den Werten vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Die Menschen bauen in der Notsituation offensichtlich auf die Kompetenz von Experten, die Orientierung geben können. Der Aussage, dass Experten interessengeleitet und deshalb nicht glaubwürdig sind, stimmten im Juni 2020 nur 37 Prozent zu. 45 Prozent äußerten ein grundsätzliches Vertrauen in Expertisen. Damit wurden zum ersten Mal seit Beginn der Erhebung Werte verzeichnet, die das Vertrauen über das Misstrauen stellen. Welche grundlegende Wende hier zu vermelden ist, zeigt sich gerade im zeitlichen Rückblick. Im Jahr 2015 brachten noch 61 Prozent der Bundesbürger Experten ein fundamentales Misstrauen entgegen.
Das Ansteigen des Vertrauens und des Prestiges von Wissenschaftlern und Experten ist allerdings nicht mit einer kritiklosen Akzeptanz der Empfehlungen verbunden. Nur eine Minderheit stimmt der Aussage zu, dass wissenschaftliche Ergebnisse ohne Abstriche umgesetzt werden sollten. Für 55 Prozent der Befragten können die Aussagen der Experten zwar eine wichtige Orientierung liefern, aber ersetzen nicht die politische Entscheidung. Damit bleibt eine klare Dominanz der gesellschaftlichen Dimension über die wissenschaftliche Expertise erhalten.

Redaktion poppress.de, NeoMatrix